Angst & Panik
Was sind Angststörungen?
Bei Menschen mit Angststörungen treten Ängste häufiger und mit höherer Intensität auf, als Menschen ohne Angststörung dies erleben. Angststörungen sind sehr häufig, etwa ein Viertel aller Menschen leiden einmal in ihrem Leben darunter.
Dabei kann die Angststörung natürlich unterschiedlich stark ausgeprägt sein und entsprechend unterschiedlich groß ist die Beeinträchtigung der Betroffenen. Wichtig hierbei ist auch, dass Angststörungen nicht selten im Zusammenhang mit weiteren psychischen und/oder körperlichen Beeinträchtigungen auftreten.
Wo fängt krankhafte Angst an?
Man muss zwischen „Angst“ und „Angststörung“ unterscheiden. Generell stellt Angst eine Reaktion auf Gefahrenquellen dar, die sich auch in körperlichen Reaktionen wie Herzrasen, Schwitzen und anderen körperlichen Symptomen sowie in psychischen Symptomen wie Unwohlsein oder Unruhe zeigt. Diese Reaktion ist evolutionär bedingt und sollte Menschen ermöglichen eine Gefahrenquelle auszuschalten oder ihr zu entkommen.
Zumindest ein bisschen Angst hat fast jeder. Wer im Fahrstuhl ein kribbeliges Gefühl hat, wer sich vor Spinnen ekelt oder Angst hat eine Rede zu halten, leidet deshalb noch nicht an einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Wenn Sie allerdings einer oder mehrerer der folgenden Aussagen zustimmen, sollten Sie sich Hilfe suchen:
- Ich denke mehr als die Hälfte des Tages über meine Ängste nach
- Ich muss Situationen vermeiden, die starke Ängste auslösen. Oft macht mir auch schon die Angst vor der Angst schwer zu schaffen
- Ich werde durch die Ängste in meiner Lebensqualität und Bewegungsfreiheit erheblich eingeschränkt
- Wegen meiner Ängste werde ich immer depressiver
- Wegen meiner Ängste habe ich schon Suizidgedanken gehabt
- Ich bekämpfe meine Ängste oft mit Alkohol, Drogen oder Beruhigungstabletten
- Wegen meiner Ängste ist meine Partnerschaft ernsthaft in Gefahr
- Wegen meiner Ängste habe ich Probleme im Beruf oder bin deswegen arbeitslos
Welche Formen der Angststörung gibt es ?
Panikattacken (Panikstörung)
Plötzlich auftretende Angstanfälle (=Panikattacken) mit den körperlichen Ausdrucksformen der Angst:
- Herzrasen
- Schwitzen
- Zittern oder Beben
- Mundtrockenheit
- Atemnot, Erstickungsgefühl
- Enge im Hals
- Schmerzen, Druck oder Enge in der Brust
- Übelkeit oder Bauchbeschwerden
- Schwindel-, Unsicherheits-, Ohnmachts- oder Benommenheitsgefühle
- Gefühl, dass Dinge unwirklich sind (wie im Traum) oder dass man selbst „nicht richtig da” ist
- Hitzewallungen oder Kälteschauer
- Taubheits- oder Kribbelgefühle
- Angst, die Kontrolle zu verlieren, „wahnsinnig” oder ohnmächtig zu werden, Angst zu sterben.
Diese Panikattacken treten plötzlich auf und nehmen während Minuten an Stärke zu. Die Panikattacken können aus heiterem Himmel auftreten –in der Mehrzahl der Fälle ist jedoch die Panikstörung mit einer Platzangst (Agoraphobie) verbunden.
Agoraphobie mit und ohne Panikattacken
Bei Agoraphobie (oder Platzangst) hat der Betroffene in bestimmten Situationen Angst und meidet diese. Er fürchtet, in dieser Situation eine Panikattacke oder Schwindelgefühle zu bekommen, in Ohnmacht zu fallen oder Herzbeschwerden zu bekommen.
Meist sind dies Situationen, in denen es schwierig wäre, einen Arzt herbeizuholen oder in denen man peinliches Aufsehen erregen würde, wenn man eine Panikattacke bekäme:
- Menschenmengen
- öffentliche Plätze
- Reisen über weite Entfernungen
- Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln wie U-Bahn, Bus, Straßenbahn, aber auch Bahn oder Flugzeug
- Warteschlangen
Generalisierte Angststörung
Im Gegensatz zur Panikstörung treten diese Symptome allerdings nicht gleichzeitig in Form eines Anfalls, sondern in wechselnder Kombination als unterschwelliger Dauerzustand auf. In der Regel können die Patienten nicht angeben, wovor sie eigentlich Angst haben. Sie werden oft durch ständige Sorgen und Anspannung gequält, z.B. dass ihnen oder ihren Verwandten Unfälle zustoßen oder sie erkranken könnten. Auch das Sorgen-Machen über die eigene permanente Besorgtheit ist ein Zeichen der generalisierten Angststörung.
Auch Patienten mit generalisierter Angststörung leiden unter den körperlichen Ausdrucksformen der Angst
- Zittern, Herzrasen, Schwindel, Übelkeit, Muskelverspannungen usw.
- Konzentrationsstörungen, Nervosität, Schlafstörungen und anderen psychischen Symptomen.
Soziale Phobie
Menschen mit einer Sozialen Phobie haben Angst in Situationen, in denen sie sich von anderen kritisch betrachtet oder beobachtet fühlen:
- Einen Fremden ansprechen
- Vor einer Gruppe (fremder) Menschen sprechen/ Referate halten
- Zu einer Behörde oder zu einem Arzt gehen
- Mit einem Vorgesetzten sprechen
- Angst vor mündlichen Prüfungen
- Situationen, in denen alle Blicke auf einen gerichtet sind (vor anderen einen Vortrag halten, ein Gedicht aufsagen oder ein Lied singen)
- Eine Frau/einen Mann kennen lernen
- Im Beisein anderer Menschen telefonieren
- Sich zu einer Verabredung treffen,
- Sich in einem Streitgespräch gegenüber anderen durchsetzen
- etwas schreiben während andere zusehen
- in einem Restaurant essen usw.
Solche Situationen werden von den Betroffenen häufig vermieden. Sie fühlen sich von anderen beobachtet und automatisch negativ beurteilt. Ständig denken sie, andere könnten sich über ihr Aussehen, ihre Kleidung, ihr Verhalten oder ihre Sprechweise mokieren. Zum Beispiel können folgende körperliche Symptome auftreten:
- Erröten
- Schwitzen
- Händezittern
- Übelkeit
- Harndrang
Wobei diese Symptome die Angst weiter verstärken können wie beispielsweise, dass Betroffene dann unter der Befürchtung leiden, andere könnten sehen, dass sie zittern oder schwitzen oder rot werden.
Spezifische Phobie
Patienten mit einer spezifischen Phobie haben nicht „vor allem und jedem“ Angst, sondern vor einzelnen Situationen oder Objekten, wie vor
- Höhen und Tiefen (Akrophobie)
- Geschlossenen Räumen (Klaustrophobie)
- mit dem Flugzeug fliegen
- Blitz und Donner
- Dunkelheit
- Anblick von Blut, Verletzungen oder Spritzen
- Zahnarztbesuch
- Tieren (zB.: Spinnen, Bienen, Hunde, Schlangen)
In vielen Fällen wird die angstauslösende Situation gemieden, was sich anfangs vielleicht auch noch ganz gut einrichten lässt. Erst wenn die Angst oder das Vermeidungsverhalten das normale Leben erheblich beeinträchtigt, kann von einer Krankheit gesprochen werden
Ursachen von Angststörungen
Angststörungen sind sehr häufig. Man geht davon aus, dass rund 20% der ÖsterreicherInnen an einer Angststörung leiden.
Niemand sucht es sich aus, an einer Angststörung zu leiden. Menschen mit Angststörungen „stellen sich auch nicht nur an“ oder sind „Angsthasen“.
Die Gründe warum es bei einigen Menschen zur Entstehung von Angststörungen kommt sind vielschichtig. Belastende Ereignisse im Laufe des Lebens (zB. Tod einer Bezugsperson, Trennung von den Eltern) wie auch die aktuelle Lebenssituation mit ihren individuellen Belastungen (zB. Arbeitslosigkeit) können zur Entstehung einer Angststörung beitragen. Ebenso spielen biologische und erbliche Faktoren eine Rolle. Weiters kann das Vorliegen weiterer psychischer oder körperlicher Erkrankungen (insbesondere Depressionen) das Auftreten einer Angststörung begünstigen.
Therapie von Angststörungen
Angststörungen können gut verhaltenstherapeutisch behandelt werden. Allerdings suchen viele Menschen aus Scham oder auch gerade wegen der bestehenden Ängste keine Behandlung auf. Bei anderen wird die Störung nur schwer, sehr spät oder gar nicht erkannt.
Bei der Behandlung von Angststörungen haben sich Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie als äußerst effektiv erwiesen, wobei im Zentrum der Behandlung geleitete Expositionen (Konfrontationen) mit den angstauslösenden Situationen stehen. Als Klinische- und Gesundheitspsychologin und durch meine Ausbildung als Verhaltenstherapeutin, arbeite ich verhaltenstherapeutisch orientiert. Das zielführendste psychologische Behandlungsverfahren für Angststörungen stellt die verhaltenstherapeutische Strategie der Exposition mit den auslösenden, gefürchteten Situationen dar.
Folgende Behandlungsschritte -grob umschrieben- haben sich in der Behandlung von Angststörungen als erfolgreich erwiesen:
In einem ersten Schritt erarbeiten wir gemeinsam eine Hypothese, wodurch Ihre Ängste entstanden sind, wodurch diese aktuell ausgelöst und verstärkt werden und wodurch die Ängste aufrechterhalten bleiben. Ich sehe es als essenziell für Ihre Gesundung, ein Verständnis für sich, Ihre Biographie und Ihre Ängste zu entwickeln. Sie sollen mit meiner Hilfe zum Experten für sich selbst und Ihre Ängste werden.
Danach erstelle ich mit Ihnen gemeinsam eine Liste von vermiedenen und gefürchteten Situationen, welche Sie in Zukunft bewältigen möchten. Den einzelnen Situationen ordnen wir Schwierigkeitsgrade von leicht bis sehr schwierig bzw. niedriges – hohes Angstlevel zu. Auch die Dringlichkeit bestimmte Situationen bald besser bewältigen zu können spielt eine Rolle. Diese Liste stellt eine Hierarchie dar und wir beginnen mit dem Leichtesten bzw. der Angst, der Sie sich als erstes stellen möchten.
In einem zweiten Schritt planen und führen wir die Expositionen durch. Wenn Sie möchten begleite ich Sie auch gerne dabei, was sehr wirksam ist.
Wenn Sie möchten, begleite ich sie gerne anfangs und bei sehr schwierigen Situationen auch an Orten außerhalb der Praxis.
Exposition bedeutet, dass Sie sich der angstbesetzten Situation sowie den dabei hochkommenden Ängsten stellen. Ziel ist es so lange in der Angst zu bleiben, bis diese abnimmt und Sie die Erfahrung zu machen, dass die Situation nicht gefährlich ist. Diese Erfahrung muss jedoch sehr oft gemacht werden, damit unser Gehirn umlernen kann. Es genügt nicht, dass ihr Verstand weiß, die Situation ist nicht gefährlich. Vielmehr muss ihr Gehirn dauerhaft umlernen (siehe Neuroplastizität) und auch ihr Körper (Hormone, Herzschlag, Schwitzen) muss das Angst haben, dass sie jahrelang gelernt haben nun wieder verlernen.
In einem dritten Schritt erfolgt die Bearbeitung und Verarbeitung der Gefühle, die in der Exposition bzw. danach auftreten.
Ziel der Behandlung ist es auch, dass Sie einen besseren Umgang mit Ihren Gefühlen finden, diese besser kennen und auch besser mit starken Gefühlen umgehen können. Dazu wenden wir auch Entspannungsverfahren an.